Unternehmensanalyse Bijou Brigitte

Unternehmensanalyse: Bijou Brigitte

Solide! Kopierbar? Herzstück der Firma ist ein Warenwirtschaftssystem, welches nach meiner Ansicht ein Wettbewerbsvorteil gegenüber neuen Unternehmen ist.  Nach einem Umsatz- und Gewinnrückgang sieht das Unternehmen auf dem Papier günstig aus.

Die Bijou Brigitte modische Accessoires AG hat in der Vergangenheit eine überdurchschnittliche Eigenkapitalrendite verdient und ist auch nach neusten Zahlen sehr profitabel (Eigenkapitalrendite 2012 = 17 %). Es gehörte im letzten Jahrzehnt zu den Börsenstars in Deutschland. Durch Umsatz- und Gewinnrückgang sowie Probleme in Südeuropa hat das Unternehmen jedoch einiges an Glanz verloren. Vielleicht genau der richtige Moment um einzusteigen?

Seit vier Jahren kein Wachstum mehr.

Die Firma selbst sieht die Wachstumsprobleme durch die Euro-Krise verursacht. Sie spricht von Problemen in Südeuropa, insbesondere Spanien, dem zweitgrössten Absatzmarkt. Diese Aussage ist plausibel, allerdings geht die Rentabilität auch in Ländern zurück, deren Konsumwirtschaft nicht direkt von der Euro-Krise betroffen ist, unter anderem in dem grössten Absatzmarkt Deutschland. Man muss sich also fragen, ob andere Faktoren eine Rolle für die Wachstumsschwäche von Bijou Brigitte spielen? Mir fallen vor allem die Konzerngrösse und die Konkurrenzsituation auf.

Laut eigenen Angaben, hat der Bijou Brigitte-Konzern im Mai 2000 seine 300ste Filiale eröffnet, heute bietet er als marktführender Anbieter von Modeschmuck und modischen Accessoiren in Europa seine Produkte in einem Filialnetz mit über 1’150 Geschäften an. Bijou Brigitte ist dabei kein Franchise-Unternehmen, sondern verkauft überwiegend in eigenen Filialen. Alle Filialen sind angemietet, so dass Bijou Brigitte relativ wenig Grundbesitz hat. Da der Konzern nur Filialen in 1-a Lage betreiben möchte, scheint zumindest in Deutschland das Wachstumspotenzial über Filialen ausgereizt zu sein.

Gleichzeitig konkurrieren heute drei grosse Anbieter um die Kundinnen für modische Accessoires. So sind häufig Bijou Brigitte, beeline (SIX & I am) und der grosse amerikansiche Konkurrent Claire’s in der selben Passage oder dem selben Einkaufzentrum zu finden. Diese Konkurrenz drückt den Umsatz und damit den Gewinn pro Quadratmeter-Verkaufsfläche. Gleichzeitig hat Bijou Brigitte, wie auch die beiden Konkurrent, keine alleinige Preismacht. Sie haben keine unverwechselbaren Markenartikel, die die Konkurrenz nicht herstellen könnte. Beispielhaft hierfür ist die fehlende Fähigkeit höhere Materialkosten oder einen Umsatzsteueranstieg, wie in Spanien, kurzfristig direkt an die Kunden weiter zu geben. Wichtig ist und bleibt für Bijou Brigitte deshalb kostenbewusst zu arbeiten und den Geschmack der Kunden zu treffen.

Trotzdem kann man Bijou Brigitte und seine beiden Konkurrenten nicht einfach kopieren.

Interessanterweise gibt es nach meiner Meinung trotz der fehlenden unverwechselbaren Marke und Preismacht einen startegischen Wettbewerbsvorteil (MOAT), der eine vollständige Erosion der Eigenkapitalrendite in dem Oligopol der drei oben genannten Anbieter verhindern kann. Dieser liegt im Warenwirtschaftssystem. Nach meiner Meinung ermöglicht dieses in Verbindung mit dem grossen Filialnetz, Trends wahrzunehmen und das Sortiment kurzfristig anzupassen und auszurichten. Zusammen mit dem Liferantennetzwerk ist es für einen neuen Anbieter ausgeschlossen, dieses in kurzer Zeit aufzubauen und in gleicher Form nachzuahmen. Natürlich gibt es grosse Modeketten, die ebenfalls ihr Warenwirtschaftssystem nutzen, um trendigen Schmuck und Accessoires zu verkaufen. Allerdings meistens als Satellitenprodukte und nicht als eigenständige Filialen. Für einen Nobody auf dem Modemarkt halte ich es dagegen für ausgesprochen schwierig schnell Fuss zu fassen. Solange sich Bijou Brigitte, beeline (SIX & I am) und Claire’s also nicht in einen ruinösen Preiskampf verwickeln lassen und Frauen weiter Modeschmuck kaufen, werden die Unternehmen auch in Zukunft überdurchschnittliche Renditen erwirtschaften. Und falls beeline und Claire’s doch einen Preiskampf anzetteln wollen, dann hat Bijou Brigitte zumindest in Europa einen Grössen- und Bilanzstrukturvorteil.

Excellente Aktiva und Passiva in der Bilanz

Persönlich fällt mir kein Unternehmen ein, welches eine so ausserordentlich solide Bilanz wie Bijou Brigitte besitzt. Eine Bilanz die beeline und Claire’s abschrecken sollte sich auf einen Preiskampf einzulassen.

Das Eigenkapital von Bijou Brigitte macht derzeit ca. 85 % der Bilanzsumme aus. Gleichzeitig hat das Unternehmen liquide Mittel und Wertpapiere in Höhe von ca. 55 % der Bilanzsumme. Diese hervorragende Kapitalausstattung existiert seit mehreren Jahren und ermöglicht Bijou Brigitte, Investitionsentscheidungen unabhängig vom Eigen- oder Fremdkapitalmarkt zu treffen und durchzuführen.

Einen ruinösen Preiskampf sollte somit über mehrere Jahre durchzustehen sein. Aus diesem Grund würde ich die Bilanzsituation nicht ändern, auch wenn sie ein zweischneidiges Schwert ist. Mehr als 50 % Cash und 80 % Eigenkapital zu halten, kostet dem Investor Rendite. Gerade die Eigenkapitalausstattung ist für ein Handelsunternehmen hoch. Wenn das Warenwirtschaftssystem so gut ist wie ich vermute, müsste Bijou Brigitte eigentlich in der Lage sein, ihre Waren schneller abzuverkaufen, als sie diese auf Rechnung bezahlen müssen. Ist dies der Fall, könnte man sich auch ohne den Finanzmarkt anzuzapfen bei seinen Zulieferen verschulden und mir sehr viel weniger Eigenkapital auskommen. Dies wäre auch der einzige Kritikpunkt, den ich an das Management zu richten habe.

EK-Quote (in Mio. EUR)
Datum      Eigenkapital liquide   Mittel       Bilanzsumme       EK-Quote Cash-Quote
2012 251,2 159,4 294,0 85 % 54 %
2011 256,4 163,9 296,9 86 % 55 %
2010 260,2 131,4 301,8 86 % 44 %
2009 256,0 160,7 305,5 84 % 53 %
2008 232,3 118,3 281,9 82 % 42 %
2007 218,7 140,8 273,7 80 % 51 %
2006 191,6 122,4 246,1 78 % 50 %
2005 156,3 102,9 203,3 77 % 51 %
2004 105,1 46,6 138,0 76 % 34 %
2003 72,3 31,3 98,4 73 % 32 %
2002 46,8 20,8 66,4 70 % 31 %

Familienunternehmen mit zu niedriger Rendite?

Da das Unternehmen im Familienbesitz (Gründer Friedrich-Wilhelm Werner besitzt 50,4 %) und der Sohn des Gründers, Roland Werner, der Vorstandsvorsitzende ist, verstehe ich aber dass das Unternehmen Sicherheit auf Kosten von Rendite bevorzugt. Und auch wenn die Rendite unter Finanzierungsaspekten nicht optimal ist, war sie in den letzten Jahren herausragend und ist trotz Rückgang hoch.

Eigenkapitalrendite (in Mio. EUR)
Datum Gewinn Eigenkapial EK-Rendite
2012 36,7 251,2 15 %
2011 49,8 256,4 19 %
2010 58,3 260,2 22 %
2009 75,4 256,0 29 %
2008 82,5 232,3 36 %
2007 80,3 218,7 37 %
2006 80,3 191,6 42 %
2005 72,8 156,3 47 %
2004 47,4 105,1 45 %
2003 32,6 72,3 45 %
2002 13,8 46,8 29 %
Durchschnitt 33 %

Ausschüttungsquote

Was mich umso mehr überrascht hat, ist die hohe Ausschüttungsquote. Da Bijou Brigitte über angemietet Filialen wächst, ist der Kapitalaufwand, den man benötigt anscheinend, sehr niedrig und viel Kapital kann an die Anteilsinhaber zurückgeführt werden. Gleichzeitig versucht Bijou Brigitte laut eigener Aussage eine nachhaltige Dividendenpolitik zu fahren, auch wenn das bei einer aktuellen Ausstüttungsquote von 122 % nicht so aussieht. Die Dividendenrendite von über 7 % lässt dann auch auf eine zu hohe Ausschüttung oder eine zu niedrige Bewertung schliessen.

Ausschüttungsquote (in EUR)
Datum Gewinn pro Aktie  Dividende  Ausschüttungquote
2012 4,53 5,50 122 %
2011 6,14 5,50 90 %
2010 7,20 6,50 90 %
2009 9,31 7,00 75 %
2008 10,19 6,50 64 %
2007 9,91 6,50 66 %
2006 9,91 6,50 66 %
2005 8,99 5,50 61 %
2004 5,85 3,00 51 %
2003 4,02 1,80 45 %
2002 1,70 2,70 158 %
Durchschnitt 82 %

Fazit

Mit einer Investition in die Bijou Brigitte modische Accessoires AG bekommt man viel Cash und ein bisschen exzellentes Unternehmen. Um diesen Aspekt in meine Bewertung einfliessen zu lassen, wollte ich zuerst den Aktienkurs um den Cashbetrag bereinigt. Wie sonst soll man ein Unternehmen bewerten, bei der die Hälfte des Buchwertes unproduktiv auf Konten liegt? Ich sage nicht, dass die hohe Eigenkapitalquote und das viele Cash nicht notwendig sind. Es schreckt die Konkurrenz ab in einen ruinösen Preiskampf einzutreten. Trotzdem liegt es unproduktiv herum.

Auf der anderen Seite muss man bei einer Entscheidung zum Kauf damit leben, dass ein Teil des Bijou Brigitte-Investments in liquiden Mitteln auf Konten gebunden ist. Dies schmälert die Rendite des investierten Kapitals. Aus diesem Grund bleibe ich bei meiner klassischen Bewertung.

Was man trotzdem berücksichtigen muss, wenn man in Bijou Brigitte investiert: Man bekommt von der Kapitalstruktur eine der sichersten Aktiengesellschaften Deutschlands. Entscheidet sich Bijou Brigitte ihre liquiden Mittel abzubauen, kann die Rendite um bis zu 2,5 % ansteigen. Diesen Aspekt lässt mich zu einem positiven Urteil für Bijou Brigitte kommen. Bijou Brigitte hat für mich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil in ihrem Warenwirtschafsystem geschaffen. Dieses ist zwar theoretisch angreifbar, allerdings schützt die Kapitalstruktur davor. Mit diesem Schutz sollte die Rendite eingentlich überdurchschnittlich bleiben. Ist dies nicht der Fall, besteht unter finanziellen Aspekten bei Bijou Brigitte einiges an Optimierungspotenzial, welches die Gesamtrendite ebenfalls steigern würde. So oder so überwiegen die positiven Aspekte bei Bijou Brigitte und das Risiko ist niedrig. Trotzdem ist das Unternehmen derzeitig zu teuer. Interessant wird es ab einem Kurs kleiner 70 Euro.

Easy   Buffett:
Standard Bereinigt um Cash
 EK-Rendite 10 % 15 % 20 % 10 % 15 % 20 %
aktueller Kurs 79,00 79,00 79,00 64,00 64,00 64,00
Buchwert 31,01 31,01 31,01 31,01 31,01 31,01
aktueller Gewinn 3,10 4,65 6,20 3,10 4,65 6,20
Einstandsrendite 3,9 % 5,9 % 7,9 % 4,8 % 7,3 % 9,7 %
ØEigenkapitalrendite 10 % 15 % 20 % 10 % 15 % 20 %
Ausschüttungsquote 80 % 80 % 80 % 80 % 80 % 80 %
EK-Wachstum 2 % 3 % 4 % 2 % 3 % 4 %
Jahre n 10 10 10 10 10 10
Buchwert in n Jahren 37,81 41,68 45,91 37,81 41,68 45,91
Gewinn in n Jahren 3,78 6,25 9,18 3,78 6,25 9,18
KGV 14 14 14 14 14 14
Kurs in n Jahren 52,93 87,53 128,54 52,93 87,53 128,54
∑ Dividenden in n Jahren 30,19 47,67 66,93 30,19 47,67 66,93
Rendite 0,51 % 5,52 % 9,48 % 2,65 % 7,76 % 11,81 %

Erklärung des Easy Buffett.

Zusätzliche Information:

Bijou Brigitte muss den Geschmack der Kunden treffen. Die Nachfrage nach Modeschmuck wird es auch in zehn Jahren noch geben. Die Trends der Mode ändern sich, aber dass sich die Menschen schick machen und besser als der Nachbar/die Nachbarin aussehen wollen, wird sich nicht ändern.

Interessanter Aspekt von Bijou Brigtte: Es gibt kein klassisches Marketing. Marketing besteht hauptsächlich aus redaktioneller Pressarbeit, d.h. die Pordukte werden regelmässig in Modemagazinen, Online Medien und Blogs präsentiert. Hierbei wird laut Unternehmensaussage ein besonderes Augenmerk auf Social Media gelegt.

8 Kommentare
  1. Till Schwalm sagte:

    Ja ich bin seit dieser Woche auch Bijou-Aktionär. Vielleicht ein Tick zu früh, aber in meiner Wohlfühlzone. Mit den Abstürzen nach der Dividendenausschüttung ist mir ‚gefühlt‘ auch schon aufgefallen, allerdings kann man da auch leicht einem Irrglauben aufliegen, da durch die Dividendenausschüttung unserer Kursanker fehlt. Ein Verlust von 7 Euro wie ihn Bijou nach der Ausschüttung gemacht hat, wäre uns ausgehend von dem Preis von 80 vielleicht normal vorgekommen. Es wäre spannend, wenn du oder jemand mal gucken würden, ob es dazu historische Auswertung gibt!

  2. Matthias sagte:

    Hallo! Eine der Aktien in meinem Depot bei der ich keine Sorge habe sie auch mal ein paar Jahre liegenzulassen, wenn die Euro-Krise wieder hochköchelt (davon bin ich überzeugt daß die Schuldenberge sich nicht über Nach in Luft auflösen) Dann gibt es bestimmt auch wieder günstige Einstiegspunkte … Familienunternehmen sind auch imho nicht ganz schlecht weil die Unternehmenslenker wohl sehr ungerne ihren Besitz in Luft auflösen werden … Evtl. denken die Famillienunternehmen auch etwas langfristiger, nicht nur Renditeoptimiert wie evtl. bestellte Manager die es nur den Aktionären recht machen wollen. Solange keine riesigen Insiderverkäufe stattfinden … Was mir auffällt bei den Dividenwerten im Depot kommt es regelmässig zu Abstürzen nach Ausschüttung der Dividende, evtl. auch eine Überlegung wenn man ein Jahr warten kann ;-). hth MH

  3. Kürtchen sagte:

    Interessante Analyse. Aktuell ist Südeuropa, in dem Bijou Brigitte stark vertreten ist, notleidend. Wenn sich diese Märkte erholen, sollte auch die Aktie positiv reagieren. Ich persönlich bin seit 2008 zu 80 € drin und habe im letzten Tief bei knappen 60 € nochmal nachgekauft.

  4. Stefan sagte:

    Sehr sehr gute Analyse! Danke dafür. Prof. Max Otte empfiehlt die Aktie auch regelmäßig in seinen Artikeln…halte sie momentan aber auch für zu teuer.

  5. Mario sagte:

    Du schreibst richtigerweise, dass die Fillialen überwiegend gemietet werden und das ist meiner Meinung nach der Grund warum die Bilanz auf den ersten Blick so toll aussieht. Das Unternehmen hat zusätzlich zu den in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten noch Verbindlichkeiten aus Mietverträgen in Höhe von 270,6 Mio. EUR (Seite 76 des 2012’er Geschäftsberichts. Wenn man diese außerbilanziellen Verbindlichkeiten hinzurechnet, reduziert sich die EK Quote auf 44%. Nicht schlecht, aber bestimmt nicht die die sicherste Kapitalstruktur Deutschlands. Ich suche bei jedem Unternehmen, das ich mir anschaue nach solchen außerbilanzielllen Faktoren. Meistens ist da nicht viel, aber BB ist ein extremer Fall. Ansonsten kann ich zu dem Unternehmen nicht viel sagen, weil ich es mir noch nie näher angeschaut habe.

  6. Stefan Mohr sagte:

    Interessanter Artikel! Bijou Brigitte habe ich auch schon länger im Blick. Mit den Schlussfolgerungen stimme ich weitestgehend überein, ich halte Bijou Brigitte ebenfalls für ein gutes Unternehmen. Was mir jedoch nicht einleuchtet: du sagst, dass das Risiko gering ist aber die Aktie zu teuer. Das passt m.E. nicht zusammen, das eine schließt doch das andere aus?

    • Till Schwalm sagte:

      Hey, du hast natürlich vollkommen recht, dass ein niedriges Risiko und ein teuere Aktie nicht zusammenpassen. Allerdings bezieht sich das Risiko, von dem ich im letzten Satz spreche, auf das Unternehmen (sein Geschäft) und nicht die Aktie. Das Risiko einer Investition ist mir dagegen zu hoch, da es zu teuer ist.

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