Was besagt die Aktienquote 100 - Alter

Aktienquote = 100 – Alter

Der Rat auf die Frage einer Freundin zum Aufbau ihres Vermögens. Wie sieht ein guter Mix aus „sicheren“ und „riskanten“ Anlagen aus? Ein Anhaltspunkt bieten die persönlichen Verhältnisse und der Charakter der Person.

Eine Freundin hat mich letztens gefragt, ob sie sich Aktien kaufen sollte. Obwohl ich ihre Vermögenslage kenne und mit ihr auch schon öfter über ihre zukünftigen Ziele gesprochen habe, wusste ich nicht genau was ich antworten sollte. Das Problem lag auch nicht in meiner Überzeugung für Aktien. Was mir Kopfzerbrechen bereitet hat, ist ihre risikoscheue und sture Art. Wenn sie heute in Aktien investiert und damit Geld verliert, wird sie für den Rest ihres Lebens nie wieder in Aktien investieren und das wäre eine Katastrophe.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ihr nicht zu einer konkreten Anlage raten darf, sondern zu einem System, welches langfristig funktioniert und sie überzeugt. Dieses System muss ihre Emotionen ausschalten und ein Mix aus „sicheren“ und „riskanten“ Anlagen sein. Gleichzeitig sollten ihre persönlichen Verhältnisse und ihr Charakter die Eigenschaften des Portfolios bestimmen, damit es nicht zur Katastrophe kommt. Und am besten sollte sich das Portfolio automatisch an die Markverhältnisse anpassen, dass heisst in Phasen in denen die „riskante“ Anlage unterbewertet ist diese kaufen und in Phasen in denen sie teuer ist diese verkaufen. Glücklicherweise liegt jedem fixen Anlage-Mix diese Eigenschaft zugrunde, da bei jeder Überprüfung der Zusammensetzung schlecht gelaufene Anlagen gekauft und gut gelaufene verkauft werden.

Eine einfache Portfoliozusammensetzung

Eine einfache Portfoliozusammensetzung anhand des „riskanten“ Anteiles, die sich an der Risikobereitschaft des Anlegers orientieren, könnte wie folgt aussehen:

  • 0 – 30 % risikoscheue Anleger
  • 30 – 70 % bedingt risikobereite Anleger
  • 70 – 100 % risikofreudige Anleger

Geht man von einem Anlage-Mix aus „sicheren“ Renten und „riskanten“ Aktie aus, wäre meiner Freundin zu einem fixen Aktienanteil zwischen 0 – 30 % zu raten. Diese Quote wird einmal im Jahr überprüft und wieder angepasst. Als Anlagen würde ich zu einem Geldmarktfonds oder Cash und einem Indexfonds raten. Als einfacher Kompass reicht dieses System aus. Jedoch könnte man neben dem Charakter, auch der Anlagehorizont in die Anlagequote einfliessen lassen. Denn je länger der Anlagehorizont ist, desto höher sollte der Aktienanteil sein.

Die Faustformel: Aktienquote = 100 – Alter

Hierfür gibt es eine einfache Faustformel: Aktienquote = 100 – Alter. Was mich an dieser Formel reizt ist ihre Einfachheit. Junge Investoren haben an den Finanzmärkten wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Ältere Anleger, die ihren Lebensunterhalt aus ihrem Vermögen beziehen müssen, haben im Vergleich mehr zu verlieren. Für meine Freundin (25 Jahre) würde dies zu einer Aktienquote von 75 % (100 – 25) führen. Viel zu viel für ihren Charakter. Um beide Formeln zu kombinieren würde ich sie einfach multiplizieren. Die neue Formel lautet: Aktienquote = (100 – Alter)*Charakter. Für meine Freundin lautet das Ergebnis für den Aktienanteil 22,5 % (75 % * 0,3). Ein Wert zu dem ich ihr auch geraten habe. Allerdings sollte sie ihr Portfolio nicht wahllos mit Aktien aufladen, sondern entweder einen Indexfonds kaufen oder mich fragen 😉 .

Meine Strategie

Meine Strategie für den Aktienanteil ist ein gleichmässiger Mix aus ein paar solide Grundwerten: CocaCola, Procter&Gamble, Unilever, Nestle, McDonalds. Gleichzeitig sollte sie sich auf der sicheren Seite eine Bank mit Lockangebot für ein Jahr suchen und ihr Geld dort parken. In einem Jahr wird dann Anhand der neuen Quote umgeschichtet und wenn die Zinsen besser werden vielleicht auch in einen Geldmarkt- oder Rentenfonds investiert.

12 Kommentare
  1. Till Schwalm sagte:

    Ich stimme dir und Graham zu: Es ist unsinnig. Allerdings für die meisten Menschen sinniger als jemanden zu nutzen, der sich Finanzberater schimpft. Ich habe gute unabhängige Finanzberater kennengelernt, aber die Quote liegt wohl eher 10:1 zu denjenigen, die abhängig von einer großen Gesellschaft sind und einfach verkaufen müssen. Vielleicht kannst du ja noch zusätzliche Kriterien nennen, die einen guten Finanzberater aus deiner Sicht ausmachen?

  2. Julius sagte:

    Ich habe durch B. Grahams Intelligent Investor gelernt, dass das mit der Subtraktion des Alters völlig unsinnig ist bzw. kein gutes oder sinnvolles maß ist. Man solle sich wohl einer Finanzberatung unterziehen mit guten Konditionen, wenn man selbst sich so wenig Gedanken wie wenig über seine Anlage machen möchte. Also anfangs sollte man sich hinknien und Bedingungen festlegen, aber danach den Finanzberater arbeiten lassen.

  3. Till S. sagte:

    @ Soeren: Ich halte es für brandgefährlich zu spezifischen-künstlichen Finanzprodukten zu raten, aber nicht zu Anlagestrategien. Wenn du z.B. Prof. Weber’s Aussage aufschreibst, gibst du indirekt auch eine Empfehlung, dass Stockpicking und Timing nicht bessere Ergebnis liefern als der Markt. Aufgrund dieser Aussagen rätst du indirekt zu Indexfonds oder Beta-Portfolios, welche aufgrund des systematischen Risikos von Aktien zusammengestellt wurden. Ich würde die jetzt zu folgendem Text raten: [url=http://www4.gsb.columbia.edu/null?&exclusive=filemgr.download&file_id=522]The Superinvestors of Graham-and-Doddsville[/url] und damit indirekt zum Value Investing 🙂

  4. Soeren sagte:

    Finanztipps im Familien- und Bekanntenkreis halte ich für brandgefährlich. Ich kann mit Menschen darüber reden, was ich tue und warum. ABER ich würde niemals jemandem zu irgendetwas raten, da man am Ende immer der Depp ist. Leuten, die unruhig schlafen und die sich die Welt von Profis erklären lassen wollen, rate ich aber zumindest von Bankbesuchen ab. Vielmehr verweise ich z.B. auf http://www.arero.de die mit einem (leider mit Derivaten simulierten Weltportfolio das gesamt Anlageuniversum abdecken. Prof. Weber weist dort auch sehr schön nach, dass Stockpicking und Timing letztlich nie wirklich den Markt schlagen können.

  5. Stefan sagte:

    Dass das in den USA ganz anders ist kann ich mir gut vorstellen. Dort herrscht einfach eine ganz andere Aktienkultur als bei uns. Ich habe es im Bekannten- und Freundeskreis aufgegeben über die Börse zu diskutieren. Da kommen Sprüche wie man müsse reich sein um Aktien kaufen zu können, das ist nur Zockerei wie in der Spielbank usw. Wenn man einen schönen Gewinn gemacht hat dann war es nur Glück…sollen die an ihre gesetzliche Rente und an ihre Lebensversicherungen glauben und schön bis 65 ihr Haus abbezahlen. Ich versuche nicht mehr jemanden zu bekehren.

  6. Till S. sagte:

    @Stefan: Finanztipps, die eine Anlage betreffen, gebe ich nur in Form dieses Blogs und jeder der ihn liest, macht dies aus eigenem Antrieb und sollte über jeden Artikel eigenständig nachdenken. Gleichzeitig weiss ich auf Grund meines Studiums mehr über Finanzanlagen als viele meiner Freunde. Deswegen werde ich öfter gefragt, was man tun soll. Da ich mein Wissen gerne teile und wenn mich jemand explizit fragt, ob man Aktien kaufen sollte oder nicht, antworte ich. Wie du an diesem Artikel aber vielleicht festgestellt hast nicht einfach mit Ja oder Nein. Ich unterhalte mich mit der Person, wie viel Geld sie zur Verfügung hat, wie lange sie es anlegen kann, was ihre Ziele sind und was sie den allgemein über Aktien, Anleihen und Co weiss. Gerade der letzte Punkt ist entscheidend. Anschliessend gebe ich Ratschläge und erkläre Dinge. Zum Beispiel, warum Aktien sicher sein können und warum Schwankungen am Aktienmarkt manchmal ignoriert werden können und sogar Chancen bieten. Ich erkläre, warum man diversifizieren sollte, d.h. nicht ein grossen Teil des Vermögens in einer Aktie (ich weiss mein Vorbild Warren Buffett ist anderer Meinung, aber gerade Anleger, die sich eigentlich nicht um ihr Depot kümmern wollen, sollten diversifizieren). Auch gebe ich meistens den Ratschlag, wenn man den zu dem Entschluss kommt Aktien zu kaufen, dies über eine Indexfonds zu machen (günstig und diversifiziert) und mindestens für fünf Jahre. Es passiert dann doch das ein oder andere Mal, dass mich jemand explizit nach Aktientipps fragt. Meine Antwort ist inhaltlich identisch zu deiner: Mein Depot besteht aus …, wenn du nachlesen willst warum, gehe auf sfg-value.de. Wenn mich jemand nach Einzelwerten fragt, zu denen ich keine Ahnung, sage ich dies auch und lass mir erklären, warum die Person meint, dass seine eine gute Anlage. Manchmal mit erstaunlichen Erkenntnissen. Noch eine kleine Anmerkung am Rande: Ich finde in der DACH Region redet man prinzipiell zu wenig über Geld und Vermögensanlage, auch und gerade mit Freunden. Das hat dann zur Folge, dass wenn einer, wie du oder ich, darüber redet und etwas schief geht, man der Depp ist und wenn es gut geht, dann war es nichts besonderes. Ich habe ein Jahr in den USA gelebt, dort sind Kenntnisse über Vermögensanlagen viel weiter verbreitet, was zur Folge hat, dass man selten in die Situation gerät, dass einer nur erklärt und Tipps gibt und der andere diese nur empfängt. Dort ist ein Gespräch über Finanzanlagen unter Freunden mehr ein Geben und Nehmen, mit den entsprechenden Ratschlägen auf beiden Seiten.

  7. Stefan sagte:

    Kleine Korrektur: die Vorläufer hiessen VEBA und VIAG… Ich halte es übrigens durchaus für möglich, dass ich auch mit 80 eine Aktienquote von 100% haben werde. Bei soliden Dividendenzahlern wie Coca Cola, Mc Donalds, BASF, Nestle usw. sehe ich da keine großen Gefahren.

  8. Stefan sagte:

    Ich halte es für sehr gefährlich Freunden irgendwelche Finanztips zu geben. Geht etwas schief bist du der Depp, geht es gut dann wars ja nichts besonderes. Ich habe den Fehler mal bei einer Bekannten meines Vaters gemacht. Die Frau ist Witwe und hat ein großes Eon Aktienpaket von ihrem Mann geerbt. Der hatte schon Veag Aktien, also den Vorläufer von Eon. Zu Höchstständen der Eon Akie waren die ca 500.000 EUR wert. Nun ist es so, dass diese Frau ihr Depot bei einer grossen Bank hat und der zuständige Berater ständig an ihr dran ist. Sie soll das kaufen, dann jenes. Jedesmal würde die Bank natürlich schön verdienen. Als der Berater sie mal wieder bearbeiten wollte sagte ich ihr, sie solle einfach nichts machen und nur halten. Immerhin warfen die enorme, zuverlässige Dividenden jedes Jahr ab. Was kam ist bekannt: Fukushima, Atomausstieg, Kursverfall, Dividendenkürzung. Tja, und ich hatte es ihr empfohlen nicht zu verkaufen. Daran erinnert sie sich ganz genau. Ich habe daraus gelernt niemals Freunden/Bekannten irgendwelche Tips in Richtung Aktien/Finanzen zu geben. Höchstens erzähle ich was ich kaufe oder im Depot habe.

  9. Till S. sagte:

    @Zaza: Ich stimme dir zu. Aber was würdest du einer Person raten, die 10k freies Vermögen zum Anlegen hat und dir sagt, das sie nicht mehr schlafen kann, wenn sie 2k davon verliert? Zu 80? Aktien raten, weil man damit real nicht verliert? Ich denke, man sollte da die Lebensqualität höher werten und der Person zu weniger Aktien und mehr Cash raten, auch wenn das keine ideale Anlagestrategie auf Basis der von dir genannten Probleme ist.

  10. Zaza sagte:

    Ich bin anderer Ansicht. Aufgrund der drastischen Überschuldung aller Industriestaaten, die die Zentralbanken zu einer permanenten Niedrigzinspolitik zwingt ist das Risiko von Währungskrisen, d.h. einer schnellen Geldentwertung real. Sichere Anlagen gibt es daher nicht mehr, schon gar nicht wenn diese mehr als einen Inflationsausgleich einbringen sollen. Ich halte daher -für jedes Alter- eine Aufteilung 80% Aktien, 10% Gold und 10% Cash für sinnvoll.

  11. Till S. sagte:

    [quote]Interessant finde ich die Sockel-Überschuss Methode von diesen Schweizer Value Investoren: http://www.classicfund.li/front_content.php?idart=93%5B/quote%5D Gute Methode. Ich bin auch sehr Aktienaffin. Und würde Menschen mit ähnlichem Charakter auch im Alter zu einer solchen Methode raten, aber was macht man mit Personen, die risikoscheu sind. Ich werde jemandem nicht zu viel Aktien raten, wenn ich weiss diejenige oder auch derjenige kann mit hohen Kursverlusten nicht umgehen. Steht dann unter Stress. Dann kann ich noch so oft vorrechnen in 20 Jahren wird alles wieder gut.

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