Leerverkäufe von Aktien

Leerverkäufe von Aktien

Leerverkäufe sind keine Option für Value Investoren

Ein klassischer Leerverkauf ist die Veräusserung eines Wertpapieres über die der Investor zum Verkaufszeitpunkt nicht verfügt. Allgemein beschrieben ist es die Spekulation auf fallende Kurse. Value Investing ist das Identifizieren von unterbewerteten Wertpapieren, um mit dem Kauf eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Man könnte daraus schliessen, dass man das Value Investing auch umdrehen kann und ein Value Investor überbewertete Aktien identifiziert, um mit dem Verkauf überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Dies ist nicht der Fall.

Der Grund ist relativ einfach – Timing.

„Timing“ beschreibt bei Wertpapieren den richtigen Zeitpunkt des Einstieges in eine Position. Ich bin auf das Thema im Artikel „Timing für Value Investoren“ schon einmal eingegangen. Nach dem Erkennen von Unterbewertungen, wie zum Beispiel für Unternehmen, spielt Timing keine grosse Rolle mehr, da man die Zeit auf seiner Seite hat. Bewegt sich die Aktie zukünftig seitwärts oder verliert noch weiter an Wert ändert dies nichts an der Einstellung des Investors gegenüber der zugrundeliegenden Firma. Wenn das Unternehmen Gewinne erwirtschaftet, steigt der innere Wert der Investition oder die Dividende stetig an. Das Unternehmen wird unterbewertet und damit ein guter Kauf bleiben. Trotz der Unterbewertung steigt der Wert der Aktie mit der Zeit – anders als beim Leerverkauf.

Hat man die Überbewertung richtig erkannt, spielt das Timing eine entscheidende Rolle. Bewegt sich die Aktie zukünftig seitwärts oder nur leicht nach oben, kann sich die Einstellung des Value Investors gegenüber dem Unternehmen vollständig ändern. Erwirtschaftet das Unternehmen Gewinne, wird das Wertpapier zu einem unbestimmten Punkt in der Zukunft wieder fair und anschliessend unterbewertet sein. Der Leerverkauf ist zu diesem Zeitpunkt keine gute Investition mehr und man muss seine Position ändern. Dies bedeutet Verluste, obwohl man mit der anfänglichen Bewertung richtig gelegen hat. Da man als Investor den Launen des Marktes ausgesetzt ist, sollte man nur Anlageentscheidungen treffen, die nicht von der Pyschologie der Masse und damit Emotionen abhängig sind.

Was heisst das für den Anleger?

Entwicklungen, wie der kommende IPO von facebook mit ca. 100 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung, könnten als Dotcom 2.0-Blase und einer Überbewertung verstanden werden und irgendwann platzen. Die fundamentalen Kennzahlen sprechen dafür! Allerdings hat Google gezeigt, dass ein Platzen einer gehypten Aktie ausbleiben kann. facebook könnte sich etablieren und die hohe Bewertung irgendwann rechtfertigen ohne das der Kurs grossartig nachgibt, dann würde ein Leerverkauf ein verlustreiches Geschäft. Für Value Investoren schliessen sich deshalb Leerverkäufe jeglicher Art grundsätzlich aus.

2 Kommentare
  1. Till Schwalm sagte:

    Stimmt. Wenn man sich sicher ist, dass das Unternehmen pleite geht und man Leerverkaufen kann, macht das durchaus Sinn. Ich würde dies aber aus zwei Gründen nicht als Value Investing bezeichnen. Erstens, weil man selten bei Pleitekandidaten eine Fehlbewertung sieht, diese sind meistens sehr günstig bewertet und geben das Risiko/Chancen-Verhältnis gut wieder. Damit möchte ich nicht sagen, dass Value Investoren mit entsprechendem Wissen nicht auch short gehen können, jeder der dort eine Fähigkeit besitzt sollte dies tun, aber ich verstehe unter Value Investing eine Überreaktion des Marktes zu nutzen und nicht bessere Fähigkeiten als der Markt zu haben. Zweitens, ich verbinden mit Value Investing den Wert von Anlagen zu bestimmen und diesen durch günstigen Einkauf zu realisieren, spekuliere ich auf eine pleite, würde ich den Liquidationswert bestimmen. Beim Shorten eines Pleitekandidaten bestimme ich aber kein Unternehmenswert, sondern rechne dem Wertpapier heute hohen Wert zu, welchen ich durch platziere eingehe, um ihn im Fall einer Pleite zu realisieren. Auch hier wieder: absolut legitim, aber für mich kein Value Investing. Ich denke Value Investing ist kein feststehender Begriff und wenn man darüber redet, kann man sicher unterschiedlicher Meinung und Definitionen haben. Für Shorten würde ich aber gerne andere Bezeichnungen benutzten, wie Absicherung oder negative Turnaround oder Insolvenzspekulation.

  2. Stefan Winter sagte:

    Es gibt durchaus renommierte Value Investoren, wie beispielsweise Whitney Tilson, die short gehen… Wenn man sich sicher ist, dass ein Unternehmen pleite geht, ist das durchaus nachvollziehbar.

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